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Neuer QM-Standard: Wenig(er) Spielraum beim Tierwohl

Zum 1. Januar 2023 ist die neue Version des QM-Milch-Standards in Kraft getreten. Diese löste damit den bis Ende des Jahres gültigen Standard, Neu ist vor allem: Es gibt drei weitere k.o. Kriterien.Wie vom VMB als Regionalstelle des QM-Milch e.V. bereits mehrfach berichtet, gilt seit Jahresbeginn ein neuer Standard. Die turnusgemäße Revision des QM-Standards wurde im Vorfeld in vielen Sitzungen der Fachgremien durchgeführt, bevor sie vom Vorstand beschlossen werden konnte. In den QM-Standard wurden vor allem notwendige gesetzliche Anpassungen aus den vergangenen drei Jahren eingearbeitet. Die neue Version hat nun vor einem Monat den bisherigen QM-Standard 2020 abgelöst. Hintergrund ist bekanntlich, dass die Regularien von QM-Milch eine Überarbeitung des QM-Standards alle drei Jahre vorgeben. 
Insgesamt hat es wenige Änderungen und Anpassungen gegeben, worauf auch bereits die Namensanpassung hindeutet: Aus QM-Standard Version 2020 wird QM-Milch Version 2020.2 (und eben nicht Version 2023). Die Anzahl der Kriterien bleibt gleich, die maximal erreichbare Punktzahl sinkt von 81 auf 80, weil bei einem Kriterium ein Zusatzpunkt nicht mehr ausgewiesen ist. Von den erwähnten 80 Punkten müssen mindestens 61 erreicht werden, um nicht an der notwenigen Mindestpunktzahl zu scheitern. 
Die wohl größte Neuerung ist, dass von den weiterhin 69 Kriterien drei mehr als bisher, nämlich 20 als k.o. Kriterium definiert wurden. Diese Änderungen, die das Tier/Liegeplatz-Verhältnis, das Enthornen (besser: Veröden der Hornanlage) und die Milchkammer betreffen, sind im wahrsten Sinne des Wortes hochsensibel. Deshalb gilt, sich diese Änderungen sehr genau zu Gemüte zu führen, möglichst nicht erst nach Ankündigung eines Audits!

Tier-Liegeplatz-Verhältnis: In Laufställen müssen ausreichend Liegeflächen vorhanden sein, alle Rinder müssen gleichzeitig liegen können. In Liegeboxenlaufställen muss jedem Tier eine Liegebox zur Verfügung stehen. Diese Neuregelung ist übrigens keine "Erfindung" von QM-Milch, denn auch in Bayern konnte schon in der Vergangenheit je nach Auslegung der Veterinärbehörden jegliche Art der Überbelegung bereits zu Anlastungen führen. Den Auditoren stehen je nach Qualität der Haltungsbedingungen bei der Kontrolle gewisse Ermessensspielräume zur Verfügung, auch mit Blick darauf, ob es sich im vorliegenden Fall um eine kurzfristige oder schon längerfristig praktizierte Überbelegung handelt. Es ist dabei ebenso zu betonen, dass die Auslegung dieses Kriteriums äquivalent zum QS-Leitfaden Rinderhaltung erfolgt. Den seit Ende vergangenen Jahres geschulten Zertifizierungsstellen liegen hierzu detaillierte Erläuterungen vor. Und diese Vorgaben gelten für einen bundeseinheitlichen Standard natürlich auch für jeden deutschen Milchviehbetrieb, der sich nach QM-Milch auditieren läßt!

Enthornen (Veröden der Hornanlagen): Das Veröden der Hornanlage bei Kälbern erfolgt in den ersten sechs Lebenswochen und mittels Einsatzes schmerzreduzierender Mittel, über die als Nachweis der Abgabebeleg des Tierarztes vorzulegen ist. Diese Vorgehensweise schreibt die Cross-Compliance-Regelung der Länder ebenfalls vor!

Milchkammer: Auf eine saubere Milchkammer ist zu achten. Die Milchkammer muss leicht zu reinigen und zu desinfizieren sein. Sowohl Böden wie auch Wände sind zu fliesen, wobei neben Fliesen auch Spezialbeschichtungen ihren Zweck erfüllen. Eine entsprechende Einrichtung zur Ableitung von Abwässern muss vorhanden sein. Das QM-Handbuch listet zu diesem Thema eine Reihe von Erläuterungen auf.
Neben diesen drei neuen k.o. Kriterien ist festzuhalten, dass auch weitere Anpassungen erfolgt sind, die sich aus Änderungen von Gesetzen und Verordnungen ergeben haben.

  • Am 1. Juli 2021 ist bekanntlich die neue Rohmilchgüteverordnung in Kraft getreten. Es wurde daher notwendig, die im QM-Standard vorgesehene Mindestzahl an Untersuchungen je Monat an die neuen rechtlichen Vorgaben anzupassen.
  •  Angepasst wurde auch die Formulierung für ein Kriterium, wonach eine Düngebedarfsermittlung vorliegen muss. Diese Anpassung begründet auf der zum 1. Mai 2020 bereits in Kraft getretenen Düngeverordnung.
  • Und neu aufgenommen wurde auch ein Punkt zur Teilnahme am Monitoring-Programm. Allerdings handelt es sich derzeit lediglich um eine Empfehlung und es geht um die beiden Monitoringprogramme von QS in Bezug auf Antibiotika und die Schlachtbefund-Datenerfassung. Langfristig besteht das Ziel, die Teilnahme zu einem späteren Zeitpunkt verpflichtend vorzuschreiben, Die verpflichtende Einführung wird allerdings mit einem entsprechenden Vorlauf von 12 Monaten angekündigt. Die genaueren Anforderungen hierfür sind ebenfalls in den entsprechenden QS-Leitfäden festgelegt.

Alles in allem wird wohl die neue Vorgabe zum Tier-/Liegeplatzverhältnis in Einzelfällen den größten Anpassungsbedarf notwendig machen. Und es wird unter Milcherzeugern sehr intensive Diskussionen geben, die durchaus verständlich sind. Auffällig ist aber, dass unter aktiven Milcherzeugern diese Frage auch äußerst unterschiedlich gesehen wird. Dabei ist das Thema absolut nicht neu: Bereits beim Start des jetzt ausgelaufenen Standards 2020 zum 1. Januar 2020 hat der der VMB in seiner Eigenschaft als Regionalstelle Bayern für QM-Milch e.V. ausführlich über die Beweggründe informiert, warum bis zuletzt etwas moderater verfahren wurde. Bis Ende 2022 war im Standard von QM-Milch das Kriterium „Es ist ausreichend Liegeraum für die Kühe vorhanden“ kein KO-Kriterium. Eine Nichterfüllung ergab 0 Punkte, eine Überbelegung mit maximal 10 % wurde akzeptiert und brachte sogar noch 1 Punkt, keine Überbelegung wurde mit 2 Punkten honoriert.
Schon Anfang 2018 wurde der VMB seitens des bayerischen Landwirtschaftsministeriums im Einvernehmen mit dem Umweltministerium von einem Schreiben an die Landwirtschaftsämter über die geltenden Tierschutz-Anforderungen informiert. Bezüglich des Tier-Liegeplatz-Verhältnisses sind zwar sowohl im Tierschutzgesetz wie auch in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung keine konkreten Anforderungen enthalten. Jedoch ist in den europäischen Übereinkommen zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen aus den Jahren 1976 sowie im Erlass aus dem Jahr 1988 festgelegt, dass bei Laufstallhaltung die Zahl der aufgestellten Tiere die Zahl der verfügbaren Liegeboxen nicht überschreiten darf. Diese Empfehlung ist dem damaligen Schreiben zufolge verbindlich und bei behördlichen Entscheidungen zwingend zu beachten. Deswegen ist ein Überbesatz an Tieren, im Verhältnis zu den vorhandenen Liegeplätzen, in der Laufstallhaltung bei Milchviehhaltung nicht zulässig, so der Inhalt des Schreibens. Soll heißen: Die Behörden trugen diese zuletzt vom QM-Milch e.V. für den im letzten Standard getroffene praktikable Lösung nicht mit. Das hat dann zu großer Verunsicherung unter Milcherzeugern geführt, weil bis Ende 2022 die mit der Auditierung beauftragten Zertifizierungsstellen konsequent den vorgegebenen Standard von QM Milch e.V. umgesetzt hatten.
Die neue Vorgabe bei QM-Milch orientiert sich jetzt an die behördliche Anordnung und auch an den Vorgaben von QS, mit einem entsprechenden Ermessenspielraum. Eine konkrete Zahl, um wie viele Prozent die Belegung vom Verhältnis 1:1 zumindest temporär abweichen kann und noch toleriert wird, kann es folglich nicht geben, weil das „Ermessen“ eben nicht pauschal für alle Betriebe gegeben werden kann.  Aber es haben sich eben auch die Zeiten geändert: Angesichts der weiterlaufenden, oft sehr emotional geführten Debatten um Tierwohl haben Milchviehhalter nicht immer die besseren Argumente, von Vorgaben abweichen zu dürfen – auch wenn diese praktikabel erscheinen und auch dem Tierwohl nicht abträglich sind!

Die aktuellen Unterlagen, den QM-Standard und das QM-Handbuch für Milcherzeuger sind hier nachzulesen.

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