Im vergangenen Jahr hatte sich Herr MIV-Vorsitzender Peter Stahl im Umfeld der MIV-Jahrestagung in Salzburg noch recht optimistisch gezeigt bezüglich der weiteren Perspektive der Milcherzeugung und des Rohmilchaufkommens in Deutschland. Auf die Frage der Lebensmittelzeitung, wie lange der Rohstoffbedarf der deutschen Milchindustrie noch gesichert sei, wenn viele Milcherzeuger aus der Produktion ausscheiden, meinte Herr Stahl: "Da habe ich keine Sorge. Jedes Jahr steigen 3 bis 4 % aus, andere erweitern im Gegenzug die Produktion. Der Selbstversorgungsgrad in Deutschland liegt bei 108 %."
Der VMB hat bereits damals diese Einschätzung angesichts der bekannten und (zu) dynamisch verlaufenden Herausforderungen in der Milchviehhaltung und auch in Kenntnis der Situation und Stimmungslage unter der Milchbauernschaft diese Einschätzung als viel zu optimistisch eingestuft.
Ein Jahr später, nach dem jüngsten Treffen des MIV in Lindau, sieht die Antwort von MIV-Vorsitzenden Stahl schon etwas anders aus:
- Die Branche insgesamt stellt sich auf dauerhaft rückläufige Milchmengen ein.
- MIV-Vorsitzender Stahl rechnet mit einem Rückgang um 5 bis 7 Prozent in den nächsten Jahren.
- Beim erwarteten Verbot der Anbindehaltung plädiert der MIV für eine großzügigere Übergangsregelung mit längeren Fristen für Kleinbauern, damit nicht noch mehr von ihnen aufgeben.
Ob das Scheitern der Ampelkoalition in dieser Woche das Tierschutzgesetz trotzdem noch zu einem Abschluss bringen läßt, ist völlig offen - eher unwahrscheinlich. Aber auch wenn das gesetzliche Verbot der (ganzjährigen) Anbindehaltung zum zuletzt befürchteten und wahrscheinlichen Termin Ende diesen Jahres, mit einer Übergangsfrist von 10 Jahren, nicht mehr kommen sollte und wenn dann hoffentlich auch die Anforderungen für die so wichtige Kombihaltung pragmatischer definiert werden sollten, wird sich wohl perspektivisch an dem Trend eines Rückganges der Milcherzeugung, nicht nur am Standort Bayerns, nichts mehr ändern. Allein, dass mit dem Scheitern der Ampel von den geplanten politischen Vorgaben kurzfristig nichts mehr umgesetzt werden sollte, wäre den Tierhaltern nur bedingt geholfen. Es muss vor allem insgesamt wieder mehr Vertrauen in Politik und Markt einkehren, damit Tierhalter wieder investieren. Ein steigender Milch- und Rindfleischpreis sind dafür deutlich zu wenig Anreiz.