In den vergangenen 12 Monaten erregten Initiativen osteuropäischer Nachbarländer Aufsehen, mit denen die heimische Land- und Milchwirtschaft besonders geschützt werden sollte. Im April letzten Jahres, zu Beginn der Corona-Krise, startete das polnische Landwirtschaftsministerium eine Kampagne gegen die Importeure von Milch und Milchprodukten. Den Importeuren wurde mangelnder Wirtschaftspatriotismus vorgehalten, diese würden mit Importen den eigenen Milchbauern schaden. Polen selbst importiert nur relativ wenig Milch, ist selbst Netto-Exporteur. Diese politisch motivierte Kampagne war aber dermaßen durchsichtig angelegt, dass sie nicht weiter verfolgt wurde.
Im Januar 2021 wollte Tschechien eine verpflichtende Quote für heimische Lebensmittel in den dortigen Supermärkten einführen. Eine breite Mehrheit im Parlament hatte bereits für diesen Vorschlag gestimmt. Demnach sollte ab dem kommenden Jahr bei den wichtigsten Lebensmitteln, also auch bei Milch- und Milchprodukten, ein Anteil von 55 Prozent aus tschechischer Erzeugung stammen. Dieser Anteil sollte dann bis 2028 auf 73 Prozent steigen. Wie kürzlich ein Sprecher des Prager Landwirtschaftsministeriums mitteilte, sei dieses Vorhaben nun aber vom Tisch, werde vorerst nicht weiterverfolgt. Kurz zuvor hatte der Senat, die zweite Kammer des tschechischen Parlamentes, diesen Punkt bereits aus dem vom Abgeordnetenhaus gebilligten Gesetzesentwurf gestrichen.
Die Gründe für die zumindest vorläufige Einstellung dieser Initiative waren vielfältig. Zum einen bestanden dann sogar in Tschechien selbst Bedenken, dass die dortigen Bauern und Agrargesellschaften gar nicht in der Lage sein könnten, die über Quoten festgelegten Mengen zu erzeugen und für die Verbraucher bereit zu stellen. Zum anderen wurden natürlich nicht überraschend auch politische Gründe aufgeführt, mit derartigen Initiativen den gemeinsamen EU-Binnenmarkt mit dem freien Austausch von Waren in Frage zu stellen, möglicherweise sogar gegen geltendes EU-Recht zu verstoßen.
Auch in Deutschland und Bayern werden derartige Diskussionen immer wieder geführt. Das ist aus Erzeugersicht mehr als legitim, vor allem wenn es den Urproduzenten, den heimischen Erzeugern von pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln dient. Diese müssen zukünftig deutlich stärker an der Wertschöpfung partizipieren, auch die unterschiedlichen Anforderungen an die Standards sogar innerhalb der EU sind dabei stärker zu berücksichtigen. Und letztendlich fordert der Verbraucher ja gebetsmühlenartig Lebensmittel aus regionaler Herkunft. Allerdings sind diese Fragen produktspezifisch zu diskutieren und zu entscheiden. Eine pauschale Vorgehensweise zur Kennzeichnung von Lebensmitteln gibt es leider nicht! Wenig durchdachter Aktivismus und Populismus in dieser Frage, wie in Polen und jetzt Tschechien, ist auf jeden Fall nicht zielführend.