Menü

News

(c)Falk

Trinkmilch: Ignoriert Edeka Haltungsform 2?

Vor knapp einem Jahr hat der deutsche Lebensmitteleinzelhandel (LEH) bekundet, nach und nach seine Eigenmarken auf die Haltungsformstufe 2 (Stallhaltung Plus) umstellen zu wollen. Begonnen werden sollte dabei mit der Trinkmilch; die weiteren Produkte sollten anschließend folgen, ohne dass ein konkretes Zeitfenster kommuniziert wurde. Dass sich das ursprünglich anvisierte "Frühjahr 2022" als Einstieg in die Auslobung der Haltungsform nicht realisieren ließ, hatte genug stichhaltige Gründe. Keine Rolle spielte hier übrigens der im Februar von Russland begonnene Krieg in der Ukraine. Zu viele Akteure der Wertschöpfungskette mussten in die notwendigen Abstimmung einbezogen werden, bis letztlich auch die Branchenvereinbarung unterzeichnet war und die Anerkennung durch die Initiative Tierwohl (ITW) vorgelegen hat. Fakt nach der Ankündigung des LEH war aber: In die Tetrapaks der Trinkmilchen, Eigenmarken des LEH, kann dann folglich keine Milch aus ganzjähriger Anbindehaltung mehr abgefüllt werden. Neben Milch aus Laufstallhaltung wohl aber auch Milch aus der Kombihaltung, für die sich gerade die bayerischen Interessenvertreter ganz massiv und letztlich auch erfolgreich eingesetzt hatten. 
Mittlerweile ist nun fast ein ganzes Jahr ins Land gezogen: Die Milchpreise haben - wie übrigens auch die Kosten - ungeahnte Höhen erreicht, die in der Branchenvereinbarung Milch festgelegten 1,2 Cent/kg Aufpreis für die Erzeugerseite für Haltungsstufe 2 (z.B. Kriterien QM+) sind mit dem Wort "marginal" noch beschönigend umschrieben. Aber vor allem die mittlerweile zweistellige Inflationsrate hat das Kaufverhalten der Verbraucherschaft komplett verändert: Nochmal fokussierter auf den Preis als schon immer - trotz anderer Willensbekundungen. Und Mehrwertprodukte wie Bio, regional oder eben auch Tierwohlmilchen werden beim Einkauf zunehmend weniger aus dem Regal genommen
Auch Edeka hat im Januar verlautbart, "ab Frühjahr 2022" alle Trinkmilchprodukte der Eigenmarken GUT & GÜNSTIG, EDEKA und EDEKA bio schrittweise mit den Haltungsformen 2 (Stallhaltung), 3 (Außenklima) oder 4 (Premium) zu kennzeichnen. Gleichzeitig wurde damals schon darauf verwiesen, dass Edeka in diesem absatzstarken Segment "konsequent" auf die niedrigste Haltungsform 1 verzichtet und damit keine ganzjährige Anbindehaltung mehr zulassen würde. Dies sollte sowohl für frische Milch wie auch für haltbare (H-)Milch gelten. Parallel solle der Anteil der Haltungsstufen 3 und 4 weiter ausgebaut werden. 
Tatsächlich hat Edeka, wie übrigens auch die übrigen Wettbewerber, im Laufe des Jahres vermehrt Trinkmilch mit den Haltungsstufen 3 und 4 ausgelobt: Mit einem (Standard) oder 2 (Premium) Sternen des Deutschen Tierschutzbundes, auch regional erhältliche Weidemilchen für die Haltungsstufe 3 sowie Biomilch mit Haltungsstufe 4. Trinkmilch mit Haltungsstufe 2 stand bisher bei keinem Händler im Regal. Deswegen überraschte es umso mehr, dass EDEKA seit Beginn dieser Woche zumindest in Südbayern ESL-Milch (sowohl Vollmilch als auch die fettarme Variante) der Eigenmarke GUT & GÜNSTIG mit Haltungsstufe 3 auslobt, mit einem Stern des Deutschen Tierschutzbundes. Und was noch mehr verwundert: Die ESL-Milchen sind im Preis - trotz des Mehrwertes bezüglich Tierwohl - unverändert geblieben: 1,09 Euro/l für die Vollmilch und 0,99 Euro/l für die fettarme Variante. Deswegen stellt sich gerade aus bayerischer Sicht die höchst bange Frage: Wie reagieren auf dieses Vorpreschen von EDEKA (Südbayern) die Wettbewerber und ist dies der Beginn eines Überbietungskampfes beim Tierwohl und eines Unterbietungswettbewerbes beim Endverbraucherpreis (EVP), bei dem nicht nur die Kombihalter, sondern auch die Boxenlaufställe (z.B. ohne Laufhof) zumindest bei der "billigen" Trinkmilch (= Eigenmarke des LEH) aus dem Markt geworfen werden.

Zurück zur Listenansicht

Geschäftsstelle München
Geschäftsstelle Schwaben