Strukturwandel in der Milchwirtschaft – Entwicklung und Bedeutung
Wie in vielen anderen Bereichen unserer Gesellschaft befindet sich auch die Landwirtschaft in einem stetigen Wandel – geprägt durch technologischen Fortschritt, sich verändernde wirtschaftliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen sowie einen fortschreitenden Strukturwandel. Dennoch zählt sie zu den traditionsreichsten und zugleich beständigsten Sektoren, die seit jeher eine zentrale Rolle bei der Versorgung der Bevölkerung spielen.
Wie zeigt sich der Strukturwandel in der Milchwirtschaft?
Ein zentraler Indikator für den Strukturwandel ist die Entwicklung der Anzahl an Milchkühen in Deutschland in den vergangenen zwei Jahrzehnten – ein Wechselspiel zwischen Wachstum und Rückgang. Zwischen 2005 und 2015 war zunächst ein Anstieg um rund 121.200 Tiere zu verzeichnen. Im Zeitraum von 2015 bis heute hingegen nahm die Zahl der Milchkühe deutlich ab – um etwa 695.600 Tiere.
Trotz dieses Rückgangs in der Tieranzahl ist die Milchleistung pro Kuh im gleichen Zeitraum kontinuierlich gestiegen. Im Durchschnitt wurde ein Leistungszuwachs von rund 2.200 Kilogramm Milch pro Tier und Jahr festgestellt (siehe Abbildung 1). Diese Entwicklung unterstreicht die wachsende Effizienz der Milchproduktion.
Technologie und Tierwohl als Treiber des Fortschritts
Der Anstieg der Milchleistung ist insbesondere dem technologischen und wissenschaftlichen Fortschritt in der Landwirtschaft zu verdanken. Verbesserungen in den Bereichen Fütterung, Tierwohl, Zuchtmethoden und Digitalisierung landwirtschaftlicher Prozesse tragen maßgeblich dazu bei. Moderne Systeme ermöglichen etwa die frühzeitige Erkennung von Erkrankungen wie Mastitis – einer häufig auftretenden Euterentzündung – und informieren den Landwirt automatisch. So kann schnell reagiert und der Behandlungs- und Heilungsprozess unterstützt werden.
Leistung vs. Langlebigkeit – ein Widerspruch?
Häufig wird kritisch angemerkt, dass eine hohe Milchleistung zulasten der Tiergesundheit und Lebensdauer gehe. Die Vorstellung, das Nutztier werde rein funktional betrachtet und erlebe im Betrieb lediglich zwei „Stationen“ – Stall und Schlachtung –, hält sich hartnäckig. Doch ein genauer Blick auf die Daten des Bundesverbands Rind und Schwein (BRS) aus den letzten 20 Jahren relativiert diese Annahme deutlich.
Trotz der gestiegenen Milchleistungen zeigt sich ein leichter, aber dennoch bedeutsamer Anstieg des durchschnittlichen Lebensalters von Milchkühen – zwischen 2005 und heute um etwa 0,2 Jahre. Das durchschnittliche Abgangsalter, also das Alter, in dem Tiere den Betrieb verlassen – etwa aufgrund von Euter- oder Stoffwechselerkrankungen, aber auch aufgrund von Selektion, liegt seit Jahren stabil bei 4,7 Jahren (siehe Abbildung 2).
Diese Zahlen verdeutlichen, dass Langlebigkeit und Robustheit heute feste Bestandteile der Zuchtziele vieler Landwirte sind. Statt ausschließlich auf maximale Leistung zu setzen, gewinnen Eigenschaften wie Gesundheit, Funktionalität und eine hohe Lebensleistung zunehmend an Bedeutung.
Fazit: Wirtschaftlichkeit und Tierwohl im Einklang
Die moderne Milchwirtschaft beweist, dass Wirtschaftlichkeit und Tierwohl keine Gegensätze sein müssen. Vielmehr können sie sich – bei gezieltem Management und verantwortungsvoller Zucht – gegenseitig stärken. Der Strukturwandel in der Milchwirtschaft zeigt deutlich: Technologischer Fortschritt, Tierwohl und Nachhaltigkeit gehen zunehmend Hand in Hand – und sichern somit die Zukunft eines der wichtigsten Bereiche unserer Landwirtschaft.