Fast 20 Jahre sind zwei Qualitäts-, Prüf- und Rückverfolgbarkeitssysteme der deutschen Landwirtschaft, die auch oder ausschließlich den tierischen Sektor abdecken, parallel gelaufen: Die im Jahr 2001 als Reaktion auf BSE gegründete QS Qualität- und Sicherheit GmbH, kurz: QS GmbH, und das als Prozessdokumentationssystem installierte QM-Milch, das durch die Akteure der Wertschöpfungskette Milch, von der Erzeugung bis zur Verarbeitung, entwickelt und getragen wird. Die Gründung dieser beiden Systeme stammte aus der (guten) alten Zeit, als "der Markt" hauptsächlich noch auf Qualität, Sicherheit und Rückverfolgbarkeit des einzelnen Produktes als Nahrungsmittel fokussiert war. Und deswegen war eine ziemlich strenge Trennlinie zwischen den beiden Systemen, also zwischen "Fleisch-rot" und "Milch-weiß" (das Wort "Milch-blütenweiß" wird hier nicht weiter strapaziert) durchaus nachvollziehbar.
Trotzdem gab es sehr frühzeitig und über die Jahre hinweg sehr enge und konstruktive Anknüpfungspunkte zwischen den beiden Systemen, zumal (fast) jede Milch erzeugende Kuh, am Ende ihrer Karriere, zur - in Bayern zudem sehr wertvollen und zum Gesamtbetriebseinkommen beitragenden - Schlachtkuh wird. Das heißt: Aus der Milchkuh wird dann Fleisch und diese Kuhteile sind dann ebenfalls "QS-relevant". Diese biologische und ökonomische Konsequenz der bestmöglichen Verwertung ehemaliger Milchkühe und auch das eher zögerliche Interesse vor allem spezialisierter Milchviehbetriebe, neben QM-Milch sich auch über QS auditieren zu lassen, führte dann schon sehr bald zu einer Kooperation zwischen QM-Milch und QS GmbH: Im Dezember 2006 wurde eine Kooperationsvereinbarung beschlossen, dass Schlachtkühe aus Betrieben mit einem bestandenen QM-Milch-Audit über eine Datenaustauschvereinbarung quasi "automatisch", also ohne weiteres Zutun des Tierhalters, in die QS-Schiene gelangen und den Schlachthof- und Markt üblichen QS-Aufschlag erhalten. Schon damals und auch heute, gilt dies nicht für alle Schlachtkühe, nicht für weibliche Tiere oder gar Mastbullen. Diese für beide Seiten sehr gute Kooperation (also eine lupenreine "win-win-Aktion") wurde im Jahr 2018 übrigens erneuert.
Gleiches gilt bei den Anknüpfungspunkten auch für die Zusammenarbeit bezüglich Futtermittelsicherheit: Die Futtermittelsicherheit als (früher?) bekannte weiche Flanke des Erzeugungsprozesses tierischer Produkte, wurde in all den Jahren über eine, unter anderem von diesen beiden Systemen gemeinsam geschaffene "Futtermittelvereinbarung über den Einsatz von Futtermitteln in der Milcherzeugung", kurz: Futtermittelvereinbarung, geregelt. Seit dem 1. Januar 2020 ist bekanntlich eine aktualisierte Futtermittelvereinbarung in Kraft. Diese ersetzt die letzte Futtermittelvereinbarung aus dem Jahr 2015. Damit einher ging auch das Auslaufen der Unbedenklichkeitsbescheinigung, die seit dem 1. Januar 2020 auch bei QM-Milch nicht mehr gültig ist. Zu den Unterzeichnern dieser Futtermittelvereinbarung gehören neben dem Deutschen Bauernverband e.V., dem Milchindustrie-Verband e.V. (MIV), dem Deutschen Raiffeisenverband e.V., dem Deutschen Verband Tiernahrung e.V. (DVT) sowie GMP+ International eben auch: QS GmbH und QM-Milch.
Mit der Weiterentwicklung von QM-Milch, der Erweiterung der Trägerschaft um den Bundesverband des deutschen Lebensmitteleinzelhandels (BVLH) und vor allem, um die immer stärker werdende Diskussion um (noch mehr) Tierwohl in der Rinderhaltung, dessen Honorierung, die vom Lebensmitteleinzelhandel massiv angeschobene Diskussion um die Haltungskennzeichnung und die dadurch notwendige Kanalisierung dieser verschiedenen Initiativen und Interessen, wird die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure noch enger. Die Wertschöpfungskette wird länger, die Zusammenarbeit komplexer und intensiver, auch zwischen QS GmbH und QM-Milch! Diese Zusammenarbeit hat auch bei der Zusammensetzung der Gremien ihren Niederschlag gefunden: Ab sofort hat die QS GmbH einen Sitz als ständiger Gast im Fachbeirat QM-Milch; Gleiches gilt übrigens auch für QM-Milch, mit einem Gastrecht im QS-Fachbeirat Rind und Schwein.
Und noch eine gemeinsame Initiative ist vor kurzem angelaufen, in der beide Systeme neben der Initiative Tierwohl, der Fleischwirtschaft, des Lebensmitteleinzelhandels und zu gegebener Zeit auch der Milchverarbeitung, gemeinsam unterwegs sind: Die Arbeitsgruppe Initiative Tierwohl Rind soll in den kommenden Monaten ein gemeinsames und auch für die süddeutsche und hier speziell bayerische Rinder- und Milchviehhaltung mach- und tragbares Konzept erarbeiten. Der Parallelslalom zwischen QS GmbH und QM-Milch geht also weiter, aber im Gegensatz zur Vergangenheit "auf engstem Raum", bis auf weiteres!