Molkereien fordern Handel und erhöhen Milchpreise
Oha, möchte man da sagen, wenn man ins Nachbarland Österreich blickt und durchaus forsche, aber für die Milcherzeuger erfreuliche Töne hört: Da fordern nämlich die überwiegend genossenschaftlich organisierten Molkereien über ihren Dachverband Vereinigung Österreichischer Milchverarbeiter (VÖM) den dort ebenso konzentrierten Lebensmitteleinzelhandel auf, bei den anstehenden Kontraktverhandlungen die Preise dringend zu erhöhen. Und zwar um 5 bis 6 Prozent über das gesamte Sortiment. Einige Verarbeiter warten erst gar nicht den Ausgang der wohl bis September laufenden Verhandlungen ab, sind in Vorleistung gegangen und haben die Milchpreise bereits angehoben.
Die Situation im Nachbarland ist keinen Deut anders als hierzulande: Horrend steigende Betriebskosten auf den landwirtschaftlichen Betrieben und bei den Milchverarbeitern in den Bereichen Futtermittel, Energie und Verpackungsmaterial mit Steigerungsraten von bis 40 Prozent. Dazu ein gnadenloser Preiskampf im ebenso konzentrierten Lebensmitteleinzelhandel, der selbst zu den großen Gewinnern der bisherigen Pandemiezeit zu zählen ist und Kostenschrauben, die bereits an jeder Stelle überdreht sind. Das hat VÖM-Präsident Helmut Petschar, der selbst auch noch für die Kärntner-Milch in der operativen Verantwortung steht, im Vorfeld der Preisverhandlungen zwischen Molkereien und den Lebensmittelhändlern kundgetan und unmissverständlich höhere Abgabepreise gefordert. Petschar hat auch an die Systemrelevanz erinnert. Die Lieferkette Milcherzeuger und Molkerei hat in Krisenzeiten höchst verlässlich funktioniert und dem Handel geliefert, nun wird eine Gegenleistung von diesem einfordert. Dass ein Molkereifunktionär sogar in der Konsequenz von drohenden Bauernprotesten spricht, ist auch nicht in jedem Land selbstverständlich. Wo doch überall und so gerne von den "gleichen Booten" gesprochen wird, in denen man vermeintlich gemeinsam sitzen würde.
Einige namhafte Molkereien sind in den vergangenen Wochen bereits in Vorleistung gegangen: So hat die jüngst durch einen sabotageartigen Cyberangriff in die Schlagzeilen geratene Salzburg-Milch den Erzeugermilchpreis zum 1. August über alle Milchsorten um 1,5 Cent erhöht, brutto! Damit es noch etwas besser klingt, wurden nämlich die Bruttopreise inklusive der 13 Prozent Umsatzsteuer genannt, die fortan bezahlt werden: Konventionell erzeugte Milch (oGT) bringt den Milchbauern nun brutto 42,30 Cent (= 37,43 Cent netto), Heumilch 48,5 Cent (= 42,92 Cent netto) und Biomilch 53,5 Cent/kg (= 47,35 Cent netto).
Die größte Molkerei in Österreich, die Berglandmilch, hat die Milchpreise bereits zum 1. Juli 2021 erhöht. Dort erhalten die Milchbauern für konventionell (oGT) erzeugte Milch jetzt 37,2 Cent/kg netto, was für die österreichischen Milchbauern 42,04 Cent brutto und für die Lieferanten im bayerischen Gebiet in Karpfham "nur" 41,18 Cent/kg brutto bedeutet. Und Lieferanten von Biomilch erhalten seit 1. Juli einen Nettomilchpreis von 48,0 Cent/kg.
Wie letztendlich die Preisverhandlungen ausgehen, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Aber es wurde auch bereits ein deutliches Signal an die Verbraucher gesandt: Damit sich das Ganze einigermaßen aufgeht, müsse der Liter Trinkmilch im Regal um 10 Cent teurer werden. Aber für diese Preisfestsetzung ist nicht der Milcherzeuger oder die Molkereien, sondern allein der Handel verantwortlich!