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Preissenkungen beim Handel: Imagebildung der schlechten Sorte

Preissenkungen beim Handel: Imagebildung der schlechten Sorte
Im Februar dieses Jahres war es "nur" die Butter, die als Preiskampf herhalten musste. Diesmal gingen die Kampfhähne gleich in die Vollen: Lidl kündigte am 24. Mai "die größte Preissenkung aller Zeiten" an, 500 Artikel sollten dauerhaft günstig angeboten werden. Tags darauf zog Konkurrent Aldi nach - und versprach gleich Preissenkungen bei 1.000 Artikeln. Auch Rewe, Penny, Norma und Co. zogen ebenfalls nach. Seitdem tobt eine intensive Diskussion, wie diese Aktion zu bewerten ist. Wichtig aber für "Aggressor" Lidl wie für die Herausforderer Aldi & Co. Ziel ist vor allem, in den Medien präsent zu sein und die Aufmerksamkeit der Verbraucher auf günstige Preise zu lenken.

Rückblende auf den Februar: Lidl hatte Zweimal - mitten im laufenden Monat - die Regalpreise für Markenbutter (Eigenmarke Milbona) reduziert. Beim ersten Versuch wurde Lidl tags darauf von Aldi nochmals unterboten, beim zweiten Mal konnte Aldi nur noch gleichziehen. Es ging aus wie das Hornberger Schießen, die Preise sind bis zum heutigen Tag auf diesem niedrigeren Niveau verblieben, Butter kostet seitdem 1,99 Euro/250 g.

Ende Mai folgte nun durch Lidl die zweite strategische Preissenkungswelle: Gleich 500 Artikel sollten dauerhaft im Preis reduziert werden, vornehmlich aus dem Portfolio der "klassischen" Lockprodukte wie Milchprodukte, Fleisch, Tiefkühlkost und Reinigungsmittel. Bis heute ist nicht klar, ob es wirklich 500 Artikel bei Lidl und 1.000 Artikel bei Aldi sind. Wer zählt denn wirklich nach, ob das auch alles stimmt? Allein die Botschaft zählt!

Wie ist nun diese Aktion aus Erzeugersicht zu werten? Von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen sind derzeit die Märkte für landwirtschaftliche Erzeugnisse überaus stabil, bei Fleisch werden sogar Rekordpreise aufgerufen. Ein "Marktlogik" ist also nicht erkennbar, das Argument von einem Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage kann aktuell nicht herhalten. Immer wieder auffällig das Phänomen, dass ein Wettbewerber vorprescht und postwendend alle anderen nachziehen können. Hat nicht jeder Lebensmittelhändler eigene Verträge mit seinen Lieferanten? Oder verzichtet plötzlich generös jeder Händler auf eigene Marge und Gewinn? Eher unwahrscheinlich! Und wo bleibt bei solchen Aktionen im Gleichschritt das Bundeskartellamt? Fragen über Fragen, die aber auch nicht wirklich neu sind!

Vor allem fragen sich die Landwirte nach den Auswirkungen auf die Erzeugerpreise! Sie selbst sind bereit, den Anforderungen der Verbraucherschaft nach höheren Tierwohl-, Klimaschutz und Nachhaltigkeitsstandards nachzukommen und dafür langfristig zu investieren. Das alles kann die Erzeugung nur teurer machen und somit auch die Lebensmittel insgesamt. Beim Optimieren und rationalisieren in der Erzeugung ist das Ende der Fahnenstange längst erreicht, zudem arbeitet die zukünftige Betriebsleitergeneration nicht mehr "für lau". Eher steigt sie aus der Erzeugung aus und die Frage der Selbstversorgung inklusive "regionaler" Herkunft der Lebensmittel bekommt eine eigene Bedeutung! Viel mehr noch: Das strategische Vorgehen des Lebensmitteleinzelhandels ist wenig vertrauensbildend und passt nicht mit deren Slogan" Partner der deutschen Landwirtschaft" überein!

Was wird von der jüngsten Aktion bleiben? Lebensmittel werden teurer bleiben, eine Entwicklung, die vor 5 Jahren begann, vor der Corona-Pandemie und dem Ukraine-Krieg.  Dafür müssen sich die Erzeuger nicht entschuldigen, nachdem sie jahrelang darum gekämpft haben, dass „Lebensmittel mehr wert sind"! Und dass Lebensmittel teurer werden, ist nicht nur der Urproduktion zuzuschieben, es sei nur an die Entwicklung der Energiepreise und der Lohnkosten verwiesen. Der Verbraucher wird also weiter über höhere Lebensmittelpreise stöhnen. Gleichwohl bleibt für den "Otto-Normal-Verbraucher" nichts erstrebenswerter als zu sparen und nach Schnäppchen zu suchen, verbunden mit der Freude, die (billige) Nadel im Heuhaufen gefunden und an mancher Stelle gespart zu haben.

Wie ist nun die jüngste "Preissenkungswelle" des Handels grundsätzlich einzuschätzen? Der Handel und hier vor allem der Discount mit den beiden Alpha-Tieren Aldi und Lidl ist unter Druck, will das Image der "Preisführerschaft" auf jeden Fall halten. Das muss er nun auch bei seinen Eigenmarken erklären, die lange Zeit nur über den Preis definiert wurden, jetzt aber mit zusätzlichen Kriterien wie Tierwohl oder Nachhaltigkeit aufgepeppt - und somit verteuert wurden. Wichtig ist aber innerhalb des Lebensmittelhandels, dass man "günstiger" ist als der Wettbewerber. Da dies nachweislich nicht so ist, weil im Preiseinstiegssegment alle Preise auf gleichem Niveau sind, muss man zumindest dem Verbraucher das Gefühl vermitteln, dass man selbst der Günstigste ist und "alles dafür tut", dass dies so ist. Es ist Imagebildung der schlechten Sorte und jede Aktion dafür ist anscheinend recht - und doch recht billig!

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