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LBM-Tagung online für Erzeugerberater: Von Milchqualität bis Tierwohl

Die Tagung des Landesverbandes Bayerischer und Sächsischer Molkereifachleute und Milchwirtschaftler e.V. (LBM) in Zusammenarbeit mit dem Milchprüfring Bayern e.V. (MPR), dem VMB e.V. und den drei Molkereiverbänden von milch.bayern e.V. bildet alljährlich im Spätherbst den Auftakt intensiver Versammlungs- und Informationstätigkeit der Molkereien. Bei diesem Seminar können sich deren Erzeugerberater sowie die Verantwortlichen der Bereiche Rohstoffeinkauf und Rohstoffqualität zusammen mit Mitarbeitern von MPR oder LKV über wichtige Themen auf den aktuellen Stand bringen. Heuer machte die Pandemie den Organisatoren einen Strich durch die Rechnung: Von der üblichen zweitägigen Präsenz-Veranstaltung musste Abstand genommen werden; stattdessen wurden erstmals im Rahmen eines Online-Seminars drei ganz aktuelle Vorträge angeboten. Dem Interesse an der Veranstaltung mit einem erneut dreistelligen Teilnehmerkreis tat dies keinen Abbruch.

Den Auftakt bildete das Referat von Dr. Christian Baumgartner, Geschäftsführer des MPR, mit dem Thema „Die neue Rohmilchgüteverordnung – Stand und Planungen für die Umsetzung 2021“. Die RohmilchGütV, so die „amtliche“ Abkürzung, wird nun verbindlich am 1. Juli 2021 in Kraft treten. Grundsätzlich bringt diese nun eine engere Verknüpfung der Gütebestimmungen mit dem EU-Lebensmittel-Hygienerecht. Neu ist, dass mit der Verordnung der Abnehmer, sprich die Rohmilch aufnehmende Molkerei, nahezu vollumfänglich für die Umsetzung der Güteprüfungen verantwortlich ist. Bisher war dem MPR diese hoheitliche Aufgabe übertragen worden. Dies ändert sich zumindest formal: Die Molkereien müssen sämtliche eingehende Milch einer Gütekontrolle und -bewertung unterziehen und tragen dafür die Kosten. Ausnahmen gelten nur für Abnehmer, die weniger als 5.000 Liter pro Tag erfassen. Neu ist, dass die Mittelwertbildung für die Inhaltsstoffe verbindlich mengengewichtet erfolgen muss. Insgesamt steigt für die Beteiligten der Verwaltungs-und Kommunikationsaufwand durch die RohmilchGütV erheblich. In der Güteprüfung müssen sensiblere Tests als bislang eingesetzt werden. In Bayern wird bereits seit 1. Juli 2020 der BRT hi-sense verwendet. Für die Eigenkontrolle auf den Höfen empfiehlt Baumgartner für die Testung von Einzelkühen nach Behandlung, die bisher bewährten Systeme. Zum Testen der Tankmilch vor der Ablieferung sollten ebenfalls die sensibleren Testsysteme eingesetzt werden. Der Hemmstoffabzug wird zukünftig auf 3 Cent/kg statt bisher 5 Cent festgelegt. Allerdings werden bei einem weiteren Hemmstofffall mindestens weitere 3 Cent Abzug fällig. Die Änderung des Umrechnungsfaktors auf 1,03 ist von vielen Marktakteuren bereits vorweggenommen worden. Die Güteklasse S entfällt, sie kann aber durch privatrechtliche Vereinbarungen weitergeführt werden. Der MPR kann von den Molkereien weiter mit der Güteprüfung betraut werden. Hierfür wurde bereits ein Dienstleistungspaket entwickelt, dessen Gebühren sich an den Kosten des gemeinnützigen MPR orientieren. Einen entsprechenden Vertrag wird der MPR mit den Molkereien abstimmen. Am besten sollten die Molkereien vor Inkrafttreten der RohmilchGütV diesen Vertrag abschließen, um einen nahtlosen Übergang zu gewährleisten. Über die RohmilchGütV wird der VMB in naher Zukunft nochmals detailliert informieren.

„Modernes Milchmanagement“ war das Thema von Georg Müller, Geschäftsbereichsleiter Beschaffung bei den Naabtaler Milchwerken GmbH & Co. KG, Privatmolkerei Bechtel. In seinem Arbeitsbereich differenziert Müller dabei einzelne Ebenen der Beschaffung: Abgleich der Beschaffungsmengen mit den Absatzmengen, Qualität, Erfassung und Abgleich der Anforderungen der Erzeuger mit denen der Molkereikunden und umgekehrt. Bei der Rohstoffbeschaffung setzt Müller und das Unternehmen bevorzugt auf Milcherzeugergemeinschaften (MEG´s), denen Verträge über mehrere Jahre angeboten werden. Die Verträge basieren auf den gesetzlichen Anforderungen und guter fachlicher Praxis. Werden an die Erzeuger zusätzliche Anforderungen gestellt, werden diese  dafür grundsätzlich entlohnt. Die Rohstoffbeschaffung erfolgt im Einvernehmen mit der Absatzplanung, d.h. es werden nicht unbegrenzt Erzeuger kontraktiert. Bei der Qualität richtet sich Bechtel konsequent nach den Vorgaben des Standards von QM Milch. Müller äußerte allerdings den Wunsch, Betriebe  ausschließen zu können, deren Erscheinungsbild nicht zur Erzeugung von Qualitätsmilch passt.

Die  Differenzierung nach der Tierhaltung, also Laufstall bzw. Anbindehaltung ist bereits in der Umsetzung. Unterschieden werden muss zwischen „massenbilanzierter“ und „sortenreiner“ Erfassung, zwischen eigendefinierten oder vorhandenen Standards oder von externen Partnern. Immer steht die Molkerei dabei vor der Herausforderung, mit der Auslobung keine Verbrauchertäuschung zu begehen. Auch die Lizenzgebühren sollte man im Auge behalten. Bei allen Milchsorten ist die Akzeptanz von NGOs und Verbraucher zu prüfen. Wie eine Milchsorte gut vermarktet werden kann, zeigt „Ein gutes Stück Bayern“, eine seit 2010 bestehende Marke der Naabtaler Milchwerke mit Lidl. In diese fließen 40 Millionen Kilogramm pro Jahr, insgesamt haben die teilnehmenden Erzeuger bisher über 21 Millionen Euro an Extra-Milchgeld erhalten. Schwerpunkte der Marke sind Tierwohl, Regionalität und Gentechnikfreiheit. Zusätzlich werden über Projekte Biodiversität, kuhgebundene Kälberaufzucht oder ein Arterhaltungsprogramm (z.B. für Gelbvieh) praktiziert. Bei den Milchsorten sieht Müller übrigens keine Grenze nach oben. Der Trend hin zu veganen Produkten setzt aber weiteren Milchsorten Grenzen: Die Regalplätze des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) sind endlich.

Im letzten Vortrag stellte Katrin Spemann von der QS Qualität und Sicherheit GmbH in Bonn, den aktuellen Stand der Diskussionen rund um „Tierwohl bei Rindern - Konzepte für Milch und Fleisch“ vor. Bekanntlich hat der LEH eine Haltungsformkennzeichnung für Fleisch bereits eingeführt. Seit 2019 kennzeichnet er Fleisch von Schwein, Hähnchen, Pute und Rind mit einem vierstufigen Label, von Stallhaltung bis Premium. Bei der Haltungsformkennzeichnung wird auf bereits existierende Programme zurückgegriffen. Für die zweite Stufe „Stallhaltung plus“ wurde bisher für die Rinderhaltung noch kein Programm konzipiert. Die Initiative Tierwohl (ITW) hat nun die Forderung des LEH nach Erarbeitung eines entsprechenden Tierwohlstandards für Rind aufgegriffen. Dazu werden aktuell entsprechende Tierwohl-Standards entwickelt. In  Arbeitsgruppen sind dabei Vertreter von ITW, QS und QM Milch unter Einbeziehung von  Akteuren aus Land-, Molkerei- und  Schlachtwirtschaft sowie dem LEH zugange. Bayern ist dabei sehr gut eingebunden. Parallel läuft die Entwicklung eines optionalen Zusatzmoduls „QM Tierwohl“, mit Pilotprojekten über ein Antibiotikamonitoring und Schlachtbefunddaten. Und schließlich die Diskussion um die Definition einer von den Akteuren der Wertschöpfungskette akzeptierten Kombinationshaltung. Frau Spemann hat zu Recht angemerkt, dass viele Fragen noch offen sind. Nachdem mittlerweile die Kriterien weitgehend abgestimmt sind, stehen noch die monetäre Bewertung der weiterentwickelten Kriterien an, das Finanzierungsmodell und  der Programmstart.

 

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