Seit Beginn des Jahres hat der VMB kontinuierlich über die Ergebnisse der Landwirtschaftszählung 2020 berichtet. Im Fokus stand und steht dabei natürlich die Milchvieh- und Rinderhaltung und deren Weiterentwicklung. Dieser Tage sind weitere endgültige Ergebnisse veröffentlicht worden. Auch wenn es bei den Diskussionen nicht den Anschein hat: Auch in Bayern dominiert, bezogen auf die Zahl der Gesamtrinder, aber auch der Milchkühe, die Laufstallhaltung. Wie das Bayerische Landesamt für Statistik mitteilt, wurden nach den endgültigen Ergebnissen des Stichprobenteils der Landwirtschaftszählung in Bayern 70,9 Prozent der Rinder in Laufställen und noch 21,7 Prozent in Anbindeställen gehalten. Weidehaltung ist dagegen in Bayern im bundesdeutschen Vergleich nur unterdurchschnittlich anzutreffen, liegt aber keineswegs am Ende der Listung!
Nach Angaben des Landesamtes betrieben im Jahr 2020 in Bayern etwa 36.570 Betriebe mit rund 2.894.600 Haltungsplätzen Rinderhaltung. Diese verteilten sich zu 39,8 Prozent auf Milchkühe und zu 60,2 Prozent auf die übrigen Rinder. Insgesamt entfielen 70,9 Prozent der Haltungsplätze auf die Haltung im Laufstall, 21,7 Prozent auf die Haltung im Anbindestall. Die restlichen 7,4 Prozent verteilten sich auf "andere Haltungsformen", z.B. die Kälberiglus. Die Anzahl der Haltungsplätze für Rinder verringerte sich seit dem Jahr 2010, als das Thema Rind & "Klimakiller" noch kein Thema war, um mehr als ein Fünftel (- 21,3 Prozent). Dabei nahm die Zahl der Haltungsplätze im Anbindestall mit einem Minus von 57,6 Prozent (!) besonders deutlich ab. Zugang zu einem Laufhof hatten 269.200 bzw. 9,3 Prozent der Rinder.
Die Weidehaltung wurde bei der Landwirtschaftszählung auf der Grundlage des Kalenderjahres 2019 ermittelt. Mit 506.800 Tieren hatten nur knapp 17 Prozent der Rinder in Bayern Zugang zu einer Weide, im Jahr 2009 lag dieser Anteil bei lediglich gut 13 Prozent. Bei Milchkühen, denen in Bayern Weidehaltung ermöglicht werden konnte, wurde im Erhebungszeitraum 2019 eine Weidedauer von durchschnittlich 22 Wochen pro Jahr und 12 Stunden pro Tag ermittelt. Die übrigen Rinder hatten im Durchschnitt 27 Wochen pro Jahr bzw. 10 Stunden pro Tag Weidegang.
Interessant und in Kenntnis der letzten Landwirtschaftszählung 2010 die Haltungsformen bei den bayerischen Milchkühen im Vergleich zu anderen Bundesländern, wobei sich erstaunlich wenig Unterschiede bei der Betrachtung der Rinder insgesamt bzw. nur der Milchkühe ergaben.
Bei der Weidehaltung war der höchste Anteil im Norden Deutschlands anzutreffen. Hier ist eindeutig das nördlichste Bundesland Schleswig-Holstein mit 50,9 Prozent bei den Milchkühen Spitzenreiter. In Deutschland gesamt lag dieser Wert bei durchschnittlich 31,4 Prozent, mit den bereits geschilderten regionalen Unterschieden. In den fünf Neuen Bundesländern gibt es zwar so gut wie keine Anbindehaltung mehr. Andererseits sind dort Rinder und Kühe auch am seltensten auf der Weide, mit Ausnahme von Mecklenburg-Vorpommern sogar mehr oder weniger deutlich auch hinter Bayern.
Insgesamt zeigen die Zahlen einmal mehr, wie unterschiedlich Deutschland auch bei der Milchvieh- und Rinderhaltung aufgestellt ist. Natürliche Unterschiede und die weithin gewünschte Diversifizierung bedeuten aber auch, dass nicht alle Wünsche von Gesellschaft, Verbrauchern und Politik überall und in gleichem Maße umgesetzt werden können. Nicht selten gibt es fast unlösbare Zielkonflikte, da sie den natürlichen Gegebenheiten und oft auch ökonomischen Grundsätzen widersprechen. Wer kleine Familienbetriebe auch in Zukunft haben und sehen will, die ja auch Teil der gewachsenen und ebenso zukünftig gewünschten Kulturlandschaft sind, müsste bei der ein oder anderen gestellten Forderung und Erwartung etwas entschleunigen.