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Konsummilch: Nachschlag als Vorschuss auf Zuschlag?

Wie schon vergangenen Woche berichtet, hat der deutsche Lebensmitteleinzelhandel die Preise für Konsummilch Mitte des Monats ebenso lautlos wie nahezu unbemerkt um 5 Cent angehoben. Erst von Aldi, dann von den Wettbewerbern. Bereits zum eigentlichen Kontraktbeginn Anfang Januar gab es einen bescheidenen, vom VMB als bei weitem nicht marktkonform kritisierten Aufschlag von 3 Cent  beim so genannten Endverbraucherpreis (EVP). Das bekannte Ergebnis: Der EVP bei Vollmilch (Eigenmarke Handel) liegt jetzt bei 88 Cent, die fettarme Variante bei 80 Cent. 
Angesichts der seit längerem höchst positiven Marktindikatoren mit einem neuen, in dieser Woche veröffentlichten aktuellen Höchststand beim Kieler Rohstoffwert von 56,3 Cent/kg, und dramatisch gestiegener Kosten auf allen Ebenen eine längst überfällige Reaktion. Die Auswirkungen des Russland-Ukraine-Konfliktes sind unsicher: Sicher aber werden die Kosten auch in Milcherzeugung und -verarbeitung weiter steigen, die Märkte haben bereits in den Krisenmodus geschaltet: Rohöl (Brent) knackte Mitte der Woche die 100-Dollar-Marke und notierte auf dem höchsten Stand seit 2014. Die Auswirkungen auf die Absatzmärkte sind ungewiss, verlaufen aber seit dem Embargo gegen Russland und dessen Importsperre vor fast 10 Jahre bereits in anderen Strömen. 
Zurück zum Agieren des Lebensmitteleinzelhandels: Über Hinter- und Beweggründe der - für den Zeitpunkt ungewöhnlichen - Preisanhebung, aber auch die Auswirkungen auf die Milchpreise herrscht nach wie vor betretenes Schweigen in der Branche und bei den Fachmedien. Der VMB war einige Tage in der Presse quasi Alleinunterhalter, der BBV reagierte mit einer Pressemeldung. Ungewöhnlich und deswegen sehr kritisch zu bewerten: Angepasst wurden nur die Preise für Konsummilch, also Frisch-, ESL- und H-Milch. Nicht aber für die Eigenmarken des Handels bei Biomilch und auch wieder nicht die breite Produktpalette der weißen Linie, also Quark/Topfen, Kondensmilch, Sahne, Schmand, Creme fraiche usw.. Inwieweit die mitten in der laufenden Kontraktzeit vorgenommene Preisanpassung mit flexiblen Vertragskonditionen zwischen Handel und einzelnen Molkerei einhergeht, bleibt spekulativ. Bekanntlich kursierte Mitte vergangenen Jahres das Gerücht, der Handel wolle sich mit der Branche beim Segment Konsummilch auf längerfristige Verträge verständigen. Marktschwankungen und dafür notwendige Anpassungen sollten durch den Einbau entsprechender Indizes, z.B. den Kieler Rohstoffwert Milch als Basis, abgebildet werden. Gerade die auch in Deutschland präsenten und sehr stark im Konsummilchbereich tätigen europäischen Genossenschaften Arla und FrieslandCampina zeigten für ein derartiges Vorgehen große Sympathien. Welche Molkereien nun tatsächlich derartige Klauseln vereinbart hatten und von diesen jetzt "gezogen" wurden, gerade auch mit Blick auf die bekannten bayerischen Molkereien mit fast ausschließlicher Erzeugung von Konsummilch für "private label", also Handelsmarken, bleibt ebenso spekulativ. 
Interessant die Frage, welcher Zusammenhang  zwischen der Preisanhebung, nur bei Konsummilch, und der im April startenden Haltungsformkennzeichnung besteht, anfangs auch nur für Konsummilch der Eigenmarken. Für in Haltungsstufe 2 einsortierte Milch wird der Handel bekanntlich 1,2 Cent/kg Rohmilchäquivalent via Molkereien an die Milchbauern auszahlen. Dazu kommen noch Entgelte an die Molkereien für deren höheren Kosten und auch ein Betrag an den Systemgeber QM-Milch e.V.. Es bleibt der nicht unbegründete Verdacht, dass der Handel sich diesen Nachschlag von 5 Cent als Vorschuss auf den Zuschlag bei der „Tierwohlmilch“ selbst gewährt hat.

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