Anfang März hatte der Verband der Milcherzeuger Bayern e.V. (VMB) nach knapp einmonatiger Recherche berichten können, dass der Lebensmittelhändler Edeka zumindest in einer seiner sieben Regionalgesellschaften seit Anfang Februar, also mitten in der laufenden Kontraktperiode, für einzelne Eckprodukte der so genannten "weißen Linie" die Verbraucherpreise zurückgenommen hat. Ein Novum in der immer noch sehr hierarchisch geregelten Preiswelt des Lebensmitteleinzelhandels und deren Handelsmarken. In der letzten Aprilwoche, eine Woche vor Ende der Kontraktlaufzeit ist Edeka beim "corpus delicti", der ESL-Milch - vom VMB nicht ganz unbeobachtet - zu den "regulären" Preisen aller anderen Wettbewerber zurückgekehrt.
Nach der letzten Kontraktrunde zwischen Molkereien und dem Lebensmitteleinzelhandel für die Produkte der "weißen Linie" wurden die Preise für ESL-Milch bzw. H-Milch von allen Lebensmittelhändlern einheitlich festgesetzt auf 73 Cent/Liter für die Vollmilch und 65 Cent/Liter für die fettarme Variante mit 1,5 Prozent Fettgehalt. Ein Plus von jeweils 2 Cent, Laufzeit November 2019 bis Ende April 2020 (also heute!). Anfang Februar hatte Edeka zumindest in seiner Regionalgesellschaft Edeka Südbayern, deren Gebiet vom Südosten Baden-Württembergs über den gesamten südbayerischen Raum bis in die Oberpfalz reicht, die Preise nur für die ESL-Milch um jeweils 2 Cent nach unten gesetzt: Seitdem kostete die Vollmilch statt 73 Cent nur noch 71 Cent, die fettarme ESL-Milch statt 65 Cent nur noch 63 Cent pro Liter. Einhergegangen ist diese Aktion damals bekanntlich auch mit einem Wechsel des Zulieferers: Anstelle des großen Deutschen Milchkontor (DMK) übernahm für dieses Segment ESL-Milch die kleine Kohrener Landmolkerei im mittelsächsischen Penig, die Belieferung des Auslieferungslagers. Diese hatte die Listung für die ESL-Milchen bereits bis zur zwischenzeitlichen Insolvenz im Juli 2019 inne.
Über die Gründe dieser bisher in der Form einmaligen dauerhaften Preisaktion eines Lebensmittelhändlers kann weiter nur gerätselt werden. Kein Wettbewerber hat darauf reagiert, zumindest nicht vordergründig. Aber Edeka wird wohl seine revidierten Preisauszeichnungen kommende Woche wieder ändern müssen. Nach VMB-Informationen ist nämlich davon auszugehen, dass die Konsummilch mit Beginn der neuen Laufzeit im Preis anziehen wird. Abzuwarten bleibt nach wie vor, wie sich dieses taktische Foul von Edeka bei der endgültigen Preisfestsetzung der neuen, ab Mai gültigen Kontraktlaufzeit für alle Produkte der „weißen Linie“ auswirken wird. Denn auch das ist ein ungeschriebenes Gesetz beim Lebensmitteleinzelhandel: Vergessen wird nichts, Vergeltung folgt auf dem Fuß, leider!