Mit Wirkung vom 1. Juli 2021 löst die neue Rohmilchgüteverordnung die bisherige Milchgüteverordnung aus dem Jahr 1980, zuletzt geändert am 17. Dezember 2010, ab. Die wesentlichen Änderungen sind im Folgenden zusammengestellt.
Nach vielen Jahren der intensiven Beratung und Abstimmung wird die Rohmilchgüteverordnung (Rohmilch-GütV) nun endlich zum 01. Juli 2021 in Kraft treten. Viele Detailregelungen zur Milchgüteverordnung wurden bisher in länderspezifischen Verordnungen und Erlassen niedergelegt. Sie werden jetzt durch die umfassende Revision bundesweit vereinheitlicht. So sind z. B. die Vorgaben für die Probenahme, den Transport der Proben und die Sachkunde der Milchsammelwagenfahrer in mehreren Paragraphen behandelt.
Die neue Rohmilchgüteverordnung wird dadurch deutlich umfangreicher:
- Aus bisher acht Paragraphen werden nunmehr deren 39 mit zusätzlich drei Anlagen. Am grundsätzlichen Zweck der Verordnung wird sich aber nichts ändern.
- Auch mit der neuen Rohmilch-GütV soll die Güte der Rohmilch gefördert werden. Die Ergebnisse der Güteuntersuchungen dienen als Grundlage und regeln die Bezahlung der Milch.
- Besonders zu betonen ist auch weiterhin die Verbindung des Güterechts mit dem EU-Lebensmittelhygienerecht.
- Die EU-weite Pflicht zur Untersuchung der Rohmilch auf Keimzahl, Zellzahl und dem Gehalt an Antibiotika in Deutschland wird durch die Untersuchungen im Rahmen der Rohmilch-GütV erfüllt.
Das kommt:
Mit Einführung der Rohmilch-GütV wird in erster Linie bei der Hemmstoffuntersuchung manches anders. Für die Milcherzeuger aber, deren Proben vom Milchprüfring Bayern untersucht werden, wurde diese im wahrsten Sinne des Wortes höchst sensible Änderung bereits im vergangenen Jahr umgesetzt und findet bereits seit dem 1. Juli 2020 über den BRT hi-sense Anwendung.
Dank der intensiven Aufklärungsarbeit der verantwortlichen Akteure und auch dem hohen Verantwortungsbewusstsein der Milcherzeuger kann nach gut einem Jahr Erfahrung konstatiert werden: Die Einführung des sensibleren Hemmstoffnachweisverfahren in Verbindung mit einem höheren Nachweisspektrum über den BRT hi-sense ist bisher sehr gut umgesetzt worden. Bei der einen oder anderen bayerischen Molkerei wurde allerdings in deren Kurzinfo über die neue Rohmilch-GütV in der Milchpost suggeriert, dass die Einführung des sensibleren Hemmstoffnachweises auch erst zum 1. Juli 2021 anstehen würde. Die Milcherzeuger sollten sich von dieser, möglicherweise bundesweit kursierender Informationsvorlage nicht irritieren lassen.
In diesem Zusammenhang neu geregelt wird der Abzug bei Hemmstoffen:
- Bei einem positiven Hemmstoffbefund werden ab kommenden Monat nur mehr 3 statt bisher 5 Cent/kg Anlieferungsmilch in Abzug gebracht. Bei jedem weiteren Hemmstoffnachweis im gleichen Monat werden weitere mindestens 3 Cent/kg und Hemmstofffall abgezogen.
Mit dieser Änderung wird einerseits einer seit langem auf Bundesebene vorgebrachten Forderung vor allem größerer Milcherzeuger nachgegeben und andererseits auch dem Risiko des sensibleren Hemmstoffnachweises Rechnung getragen.
Ebenfalls neu und ein geradeso sensibles Thema ist, wenn man die über ein Jahrzehnt andauernde politische Diskussion als Maßstab nimmt, der Umrechnungsfaktor von Volumen in Gewicht.
- Ab 1. Juli 2021 erfolgt einheitlich die Umrechnung mit dem Faktor 1,03.
Aber auch diese Änderung ist kaum mehr als eine Randnotiz wert, so haben doch in den vergangenen drei Jahren, zumindest in Bayern, ein großer Teil der Molkereien in Abstimmung mit den Milcherzeugern die Umstellung von 1,02 auf 1,03 bereits auf freiwilliger Basis vorgenommen. Der neue Faktor kommt der Realität deutlich näher, bringt aber (leider) auch nicht mehr Milchgeld. Bekanntlich haben die Molkereien bei der Umstellung auf 1,03 den Milchpreis rechnerisch um etwa 0,35 Cent/kg gekürzt.
- Neu ist außerdem, dass grundsätzlich die durchschnittlichen Monatswerte bei Fett und Eiweiß auf alle Teilmengen mengengewichtet werden.
Das geht:
Nicht mehr zu halten in der neuen Rohmilch-GütV war die in Bayern sehr häufig angewandte S-Klasse:
- Die bisher bekannte Definition der S-Klasse mit den Grenzwerten von 300.000 Zellen und 50.000 Keimen findet sich in der neuen Verordnung nicht mehr. Das schließt aber nicht aus, dass zwischen Lieferanten bzw. Lieferantengruppierungen und den Molkereien privatrechtliche Vereinbarungen über Zu- und Abschlagsregelungen mit den bisherigen oder eigenen Grenzwerten oder Kriterien verwendet werden. Inwieweit dies der Vergleichbarkeit der Milchpreise dient, steht wieder auf einem anderen Blatt.
- Nicht mehr möglich ist leider auch die so genannte „Besserstellungsregelung“. Sehr hohe Werte im Vormonat beim Keimgehalt respektive in den beiden Vormonaten beim Zellgehalt können zukünftig zu weiteren Milchgeldabzügen führen. Bisher konnte dies vermieden werden, wenn der Durchschnitt im Abrechnungsmonat bereits wieder unter den Grenzwerten bei Keimen bzw. somatische Zellen gelegen hatte.
Das bleibt:
Verpflichtend untersucht bei der Anlieferungsmilch werden weiterhin die bekannten Güteparameter Fett, Eiweiß, Gehalt an somatischen Zellen, Keimgehalt, Hemmstoffe und Gefrierpunkt. Die bisherigen Untersuchungsverfahren werden weiterhin angewandt – mit Ausnahme der bereits ausführlich beschriebenen Änderung beim Hemmstoffnachweis, die aber – um es nochmals zu betonen - seit fast einem Jahr bereits gängige Praxis in Bayern ist.
Beim Keimgehalt und beim Gehalt an somatischen Zellen bleiben die Durchschnittswertberechnung, Grenzwerte und Abzüge bei deren Nichteinhaltung gültig.
- Keimgehalt: Liegt das geometrische Mittel über zwei Monate über 100.000 KbE (Kolonie bildende Einheiten), werden 2 Cent/kg Milch für den gesamten Monat in Abzug gebracht.
- Somatische Zellen: Liegt das geometrische Mittel über 3 Monate über 400.000 Zellen, wird 1 Cent/kg abgezogen.
Für die Milcherzeuger nicht von Bedeutung, aber durchaus erwähnenswert ist die Tatsache, dass sich mit der Einführung der neuen Rohmilch-GütV auch formalrechtlich einiges ändern wird: Es gibt keine staatliche Beauftragung mehr an die Milchprüfringe für die Durchführung der Güteprüfung, die Verantwortung liegt dann in erster Linie beim Abnehmer der Milch, also bei den Molkereien. In Bayern wird sich aber zumindest in den kommenden Jahren kaum etwas ändern: Alle Molkereien werden diese rechtliche Neuerung wohl mittels eines Dienstleistungsvertrages mit dem Milchprüfring Bayern regeln. Und der Milchprüfring Bayern agiert weiter als gemeinnütziger Verein, die Preise und Gebühren werden weiterhin auf der Grundlage der anfallenden Kosten kalkuliert.