Menü

 

 

News

(c)VMB

Aldi: Haltungswechsel auf der Überholspur

Der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) will künftig Trinkmilch nur noch aus „Tierwohlställen“ anbieten. Besonders stark auf dem Gaspedal steht dabei Branchenprimus Aldi, auch wenn die Wettbewerber meist umgehend nachziehen. Aldi schraubt dabei die Tierwohlkriterien immer weiter nach oben: Viel schneller als ursprünglich selbst geplant, ständig auf der Überholspur, und ohne eine ausreichende Honorierung.  
Am vergangenen Wochenende hat Aldi mit ganzseitigen Anzeigen vor allen in überregionalen Zeitungen nochmals kundgetan, mit welch großen Schritten man selbst in Sachen Tierwohl unterwegs ist, bei Fleisch und jetzt auch bei der Milch. Erstaunlich: Noch Ende 2021 hat der LEH bekundet, nach und nach seine Eigenmarken auf die Haltungsformstufe 2 (Stallhaltung Plus) umstellen zu wollen. Begonnen werden sollte dabei mit der Trinkmilch; die weiteren Produkte sollten anschließend folgen, ohne dass dafür ein Zeitfenster kommuniziert wurde. Aber bald wurden konkrete Eckdaten genannt und das Tempo angezogen: Spätestens ab 2030 sollten bei Trinkmilch ausschließlich die Label von Haltungsform 3 (Außenklima) und 4 (Bio/Premium) zu finden sein. 
Bereits im November letzten Jahres ließen Aldi Nord und Aldi Süd in einer gemeinsamen Presseerklärung zum #Haltungswechsel wieder aufhorchen: „Aldi beziehe bereits 40 Prozent der Trinkmilch aus den Haltungsformen 3 und 4" war da zu lesen. Und schlussfolgernd: "Damit habe der Discounter einen wichtigen Meilenstein seines Tierwohlversprechens bereits ein Jahr früher erreicht als geplant“. Diese Meldung paßt aber so gar nicht in die aktuelle Konsumlaune der Verbraucherschaft, die vor allem Mehrwert- und Sondermilchen negativ zu spüren bekamen, also neben Markenartikeln auch Biomilch, regionale Milch und eben Tierwohlmilch. 
Und im August 2023 hat Aldi nochmals nachgelegt: Bereits 2024 soll bereits die für 2030 anvisierte Umstellung bei Trinkmilch abgeschlossen sein! Wenn Aldi "im Frühjahr 2024" sein gesamtes Sortiment Trinkmilch auf Haltungsstufe 3 und 4 umgestellt hat und Lidl postwendend nachzieht, werden wohl sehr schnell auch die anderen Wettbewerber, allen voran die Akteure der Edeka- und Rewe-Gruppe nachziehen müssen.  Die Haltungsform 3 wird somit bei Aldi und Co. zum neuen Mindeststandard bei Trinkmilch. Von der im Januar 2022 zusammen mit DBV, MIV und DRV auf der Ebene des QM-Milch e.V. unterzeichneten Branchenvereinbarung mit einem Aufschlag von 1,2 ct/kg für Milchprodukte der Haltungsstufe 2 und deren Anerkennung durch die Initiative Tierwohl (ITW) spricht beim LEH niemand mehr, zumindest nicht bei der Trinkmilch. Für die bayerischen Milcherzeuger bedeutet dies, dass neben den 12.000 Anbindehaltern (ganzjährig bzw. kombi) auch die Betriebe mit Boxenlaufställen die notwendigen Kriterien für Haltungsstufe 3 nicht mehr erfüllen. Trotzdem scheint es laut der Lebensmittelhändler noch keinen wirklichen Mangel an Rohstoff mit den geforderten Haltungsvoraussetzungen zu geben, dank der "vertrauensvollen Zusammenarbeit mit allen Partnern entlang der Wertschöpfungskette". Die Milch soll zukünftig bei Aldi und auch bei Lidl ja zu 100 Prozent aus Deutschland kommen, aber eben dann wohl weniger aus Bayern mit einigen namhaften Herstellern von Trinkmilch der Eigenmarken. Bereits jetzt hat es in bayerischen Regalen bereits Verschiebungen bei den Abfüllern von Trinkmilch gegeben.
Beim Blick ins Milchregal bei Aldi kann man tatsächlich erkennen, wie in den letzten beiden Jahren vermehrt Trinkmilchen mit den Haltungsstufen 3 und 4 ausgelobt wurden: Mit einem (Standard) oder 2 (Premium) Sternen des Deutschen Tierschutzbundes, auch regional erhältliche Bauernmilch bis zu den Milchen der Eigenmarke "Fair & Gut", sowie Weide- und Biomilch. Und dazu kam vor kurzem auch die Trinkmilch der Eigenmarke „Milsani“ mit Haltungsstufe 3. Besonders ärgerlich: Diese Trinkmilch zum Einstandspreis der Eigenmarke „Milsani“ wurde ohne Preisaufschlag auf die höhere Haltungsstufe umgestellt, kostet als Vollmilch weiter nur 99 Cent/Liter. Der Geldbeutel des Verbrauchers wird geschont. Das ist natürlich gut für das Image des LEH und die Verbraucherschaft  kann weiter ungeniert höhere Tierwohlstandards fordern. Wie lange noch?

Zurück zur Listenansicht

Geschäftsstelle München
Geschäftsstelle Schwaben