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Wir bayerischen Milchbauern

Franz-Xaver Demmel

ist überzeugt, dass die Landwirtschaft der Zukunft neben Lebensmitteln bald auch nachhaltige Energie erzeugen wird. 

Sein Hof ist Kooperationspartner des Förderprogramms ‚Zukunftsbauer’, das die Genossenschaftsmolkerei Berchtesgadener Land und der Discounter Penny ausgerufen haben.

Der Klima-Bio-Milchbauer

Auf dem Huabahof der Familie Demmel werden alle Maschinen elektrisch und mit selbst erzeugtem Sonnenstrom betrieben. So kann man klimaneutral wirtschaften. Der Bio-Betrieb im Liefergebiet Berchtesgadener Land nutzt dafür, genau wie beim Naturschutz und Tierwohl, modernste Technologien.

Traditionsreicher Hof  „Unser Huabahof ist schon in zehnter Generation in Famiienbesitz. Seit 2005 arbeiten wir nach den Bio-Naturland-Richtlinien. Heute gibt es hier 80 Milchkühe und eine ähnliche Zahl weiblicher Jungtiere. Die tägliche Arbeit mit den Kühen, Wiesen und Äckern werden vor allem von meiner Ehefrau Gerlinde (49) und unserem Sohn Franz-Xaver (24) geleistet. Auch Tochter Katharina (22) packt immer dann mit an, wenn ihr das Architekturstudium Zeit lässt. Ich selbst arbeite zusätzlich als Bauingenieur. Auf dem Hof haben wir viele Innovationen entwickelt und umgesetzt, um Klimaschutz und Tierwohl zu praktizieren. Wir zeigen, dass eine in Summe CO2-neutrale Milchkuhhaltung möglich ist.“

Der Vordenker  „„In jungen Jahren war ich Eishockey-Profi  mit nationalen Erfolgen. Parallel zum Profisport habe ich zwei Studienabschlüsse, einen in Technischer Physik und einen Bauingenieur abgelegt. Bereits damals lag mein Schwerpunkt auf Umweltschutz. Als der elterliche Hof einen Nachfolger benötigte, habe ich ihn übernommen und mich gleichzeitig mit dem Ingenieurbüro selbständig gemacht. Schon damals, also vor über 30 Jahren, waren der Klimawandel und seine Folgen bekannt. Da wollte ich auf unserem Hof handeln und eine moderne, schonende Landwirtschaft  leben. Dazu gehört die Pflege der Wiesen und Weiden. Wenn wir nicht zu oft mähen, wachsen viele Kräuter und Blumen, was dem Insektenbestand gut tut. Auch ein maßvolles Ausbringen der Gülle regt die Humusbildung an, ebenso wie die Weidegänge des Viehs. Alles was wir hier machen, soll den natürlichen Kreislauf der Natur aufgreifen.“

Klimastall und Wissenschaft  „Mit dem Neubau unseres Kuhstalls begann der Kontakt zur TU München und der Hochschule Weihenstephan. Zusammen haben wir einen Klimastall mit großen Solarflächen auf dem Dach und dem Energiemanagementsystem (EMS) geplant und entwickelt. Letzteres regelt, dass wir die Sonnenenergie optimal ausnutzen. Denn wenn die Sonne mittags viel Strom erzeugt, wird nicht unbedingt viel Strom im Stall gebraucht. Auf dem Hof sind heute 48 Verbrauchsstationen am Netzwerk. In Zusammenarbeit mit den Wissenschaftlern und unseren Handwerkern hier vor Ort ist es gelungen, ein serienreifes Konzept zu entwickeln, das die Solarenergie effektiv verteilt. Unser EMS bringt Landwirtschaft und klimafreundliche Stromerzeugung und -nutzung unter einen Hut. Eine Technik, die nicht nur für die Landwirtschaft sondern auch für Gewerbebetriebe übernommen werden könnte.“ 

Digitalisierung zum Wohl von Tieren und Klima   „Wir brauchen eine nachhaltige Landwirtschaft, die alles nutzt, was technisch möglich ist. Dabei hilft die Digitalisierung: Unsere Milchkühe tragen ein Pedometer, das registriert, ob sich die Kuh zu wenig oder mehr als üblich bewegt. In beiden Fällen informiert das Computerprogramm und wir prüfen, ob es dem Tier gut geht. Das dient dem Tierwohl und dem Ertrag des Hofes, denn nur gesunde Kühe geben ausreichend Milch. Auch der Räumroboter, der in regelmäßigen Abständen und selbst nachts Futter zu den Kühen schiebt, dient dem Tierwohl. So können Kühe, die in der Rangordnung unten stehen und normalerweise weggedrängt werden, in Ruhe fressen, während andere dösen. Der Stallboden wiederum hilft beim Reduzieren klimaschädlicher Emissionen; er senkt diese um 50-60 Prozent! Das funktioniert, weil die Gülle sofort in einen nahezu gasdichten Kanal unter dem Stallboden verbracht wird. Auch der Weidegang wird mittels Technik einfacher: Das Tor nach draußen öffnet sich mithilfe eines Transponders, den jede Kuh trägt. Und sind deren Euter voll, spazieren die Tiere selbstständig zum Melkroboter.“

Stalldach aus Holz   „Holz ist teurer, aber es dämmt die Außentemperaturen optimal. Darum herrscht bei großer Hitze innen immer ein angenehmes Stallklima. Unterstützt von Fenstern und Ventilatoren, die sich computergesteuert je nach Witterung öffnen bzw. anschalten. Selbst die Lichtsteuerung ist dem Tagesverlauf angepasst. Mit LEDs simulieren wir die unterschiedlichen Lichtverhältnisse von morgens bis nachts. Von Herbst bis Frühjahr, wenn die Tiere je nach Witterung vier bis fünf Monate im Stall bleiben, ist die dunkle Jahreszeit viel angenehmer für sie.“

Futter aus der Region   „Der größte Teil ist hofeigenes Futter und beim Zukauf verwenden wir nur regionales Futter. Das spart Transport und damit Emissionen.“

Elektromaschinen für die Hofarbeit  „Elektrisch betriebener Hoflader, -Radlader, -Futtermischwagen, -Futterschieber oder die beiden Melkroboter werden mit unserem selbst erzeugten Strom betrieben. Ebenso wie die Kühlung der Milch. Die Hersteller haben viele landwirtschaftliche Maschinen mit Elektroantrieb für den Serienbetrieb startklar gemacht. Bald könnten also Verbrennungsmotoren entsprechend ersetzt werden. Ein Maschinenpark, gespeist mit dem Strom der Sonne, das wäre ein großer Schritt im Hinblick auf das Ziel klimaneutrale Landwirtschaft.“ 

Politik muss den Rahmen schaffen   „Mit entsprechender Förderung könnten Bauernhöfe zu Energiebetrieben umfunktioniert werden. Wenn nur ein Drittel aller bayerischen Bauernhöfe, also etwa 10.000 Betriebe, aus Sonne, Wind oder Biogas nachhaltige Energie produzieren würden, könnte man in Lastspitzen stundenweise so viel Strom zur Verfügung stellen, wie heute von den Atomkraftwerken Isar I und II produziert wird. Die Landwirtschaft wäre sehr schnell ein bedeutender Bestandteil der CO₂-neutralen, unabhängigen Energieerzeugung. Aber leider muss ich feststellen, es sind die aktuellen politischen Rahmenbedingungen, die diesen Umbruch behindern.“ 

Zukunftsprojekt Seminarzentrum   „Wir planen gerade ein interdisziplinäres Seminarzentrum, das Anstöße für klimafreundliche Techniken gibt. Zukünftig sollen hier Wissenschaftler und Praktiker zusammen kommen und voneinander lernen. Die klimaneutrale Wirtschaftsweise zählt zu den höchsten Prioritäten, die wir in der Gesellschaft haben. Und das in allen Bereichen, nicht nur in der Landwirtschaft.“

Initiative Zukunftsbauer   „Der Huabahof ist Kooperationspartner des Förderprogramms ‚Zukunftsbauer’, das die Genossenschaftsmolkerei Berchtesgadener Land und der Discounter Penny ausgerufen haben. So sollen klimafreundliche Projekte auf Milchhöfen gefördert werden.“

© VMB | Interview: Elke Hoffmann | Mai 2022 | Foto: Thomas Plettenberg/Berchtesgadener Land


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