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Tierwohl zum Frühschoppen

Der mittlerweile schon traditionelle milchpolitische Frühschoppen des Milchindustrie-Verbandes (MIV) am Rande der Grünen Woche, am Dienstagvormittag, in der Vertretung des Freistaates Bayern - nach einem meist langen Milchmontag - hatte diesmal wieder ein hochaktuelles Thema gewählt: Tierwohl bei der Milch: Wohin geht die Reise?

Auch VMB-Vorsitzender Scholz war, wie auch die VMB-Geschäftsführung, schon traditionell zu dieser morgendlichen Diskussionsrunde eingeladen.

Bei der Frage, ob auch für Milch ein (staatliches) Tierwohllabel notwendig sei, ging der Blick von Dr. Katharina Kluge vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) auf die Zeitreise: In der Nachkriegszeit stand die Ernährungssicherung im Vordergrund, dann die Produktqualität und jetzt eben die Prozessqualität. Heute wollen viele Verbraucher auch wissen, wie das "Produkt" erzeugt wird. Derzeit laufen diesbezügliche Diskussionen vor allem in der Schweinebranche, wie die drei bekannten K-Fragen „Kastration, Kupieren und Kastenstand“ belegen. Bei Rindern bzw. konkret bei der Milch ist die Debatte noch verhältnismäßig ruhig. Aber auch hier gibt es durchaus bereits emotionale Diskussionsthemen. Sie nannte die Schlachtung trächtiger Tiere, die inzwischen gesetzlich geregelt ist, das Veröden der Hornanlagen bei Kälbern oder ganz aktuell die Anbindehaltung. Das BMEL will ein staatliches Tierwohllabel etablieren. Starten soll es, wie gesagt, demnächst bei Schweinefleisch, danach soll Geflügel folgen - und dann möglicherweise bei der Milch.

Jan Heusmann in seiner Funktion als Vorsitzender der Landesvereinigung der Milchwirtschaft in Niedersachsen entgegnete, dass die Milchbranche sich bereits weiterentwickelt habe und andere Verbesserungsmöglichkeiten sucht. Als Beispiel nannte er als praktizierender Milcherzeuger die Beziehung zwischen Milchleistung und Abgangsrate. Die Beziehung war in den Jahren von 1980 bis 2000 durchaus negativ korreliert gewesen: Je höher die Milchleistung war, desto höher war auch die Abgangsrate. Doch dann wurde in der Zuchtarbeit deutlich gegengesteuert und den Gesundheitsparametern mehr Gewicht gegeben. Seitdem ist die Milchleistung weiter gestiegen, die darauf zurückzuführende Abgangsrate aber eher rückläufig. Weiterhin verwies Heusmann auf die Entwicklung von QM-Milch und die aktuell laufende Pilotphase des Moduls Nachhaltigkeit QM-Milch, womit die Branche das Thema Gesundheit und Wohlergehen der Tiere selbst angeschoben hat.

Thomas Schröder, Vorsitzender des Deutschen Tierschutzbundes (DTB), konnte diesen Aussagen nicht widersprechen. Allerdings hat seiner Ansicht nach die Gesellschaft einen anderen Blick auf die Landwirtschaft, als sie heute betrieben wird. Deutliche Kritik übte er an dem bisherigen Konzept für das staatliche Tierwohllabel des BMEL. Es sei freiwillig, und der gesetzliche Standard soll dann die Basis für die Dreistufigkeit bilden. Allerdings fehlt ihm zunächst eine spezifische Haltungsverordnung, die es für Milchkühe derzeit noch nicht gebe. Der DTB selbst hat ein zweistufiges Label. Aktuell gibt es bundesweit 139 Milcherzeuger in der Einstiegstufe und 85 Milcherzeuger in der Premiumstufe, die für das DTB-Label Milch erzeugen.

Die Wiege der "Tierschutzmilch" steht bekanntlich in Bayern. Seit Januar 2017 ist Milch mit diesem Label bei Lidl gelistet. Die Milch der teilnehmenden Milcherzeuger wird über die Naabtaler Milchwerke geliefert. Und seit September 2017 wird diese Schiene auch über die Molkerei Gropper Richtung Aldi bedient. Mittlerweile ist bei Aldi aber auch eine Weidemilch mit dem DTB-Tierschutzlabel gelistet. Und diese Milch kommt bundesweit von Milcherzeugern der Osterhusumer Meierei in Witzwort, wie deren Geschäftsführer Christoph Bossmann auf dem Podium ausführte. Mit dieser Initiative, erst mit "reiner" Weidemilch und jetzt zusätzlich mit dem Tierschutzlabel will sich die Genossenschaft mit seiner Molkerei gegen den schrumpfenden Trinkmilchabsatz stemmen. Bossmann gab zu, dass beim Erfüllen der notwendigen Kriterien durchaus Knackpunkte enthalten sind, wie das Angebot eines Laufhofs. Fast alle Landwirte haben vor der Teilnahme am Programm investieren müssen. Die durchschnittliche Investitionssumme pro Betrieb schätzt er auf 100.000 bis 200.000 €, bei 25 teilnehmenden Betrieben macht dies etwa 3 Mio. Euro. Die teilnehmenden Milcherzeuger erhalten für die erweiterten Anforderungen, für ihre GVO-freie Milch einen zusätzlichen Zuschlag von 4 Cent pro Kilogramm.

Und eines wurde einmal mehr bestätigt: Der Absatz wächst nicht in den Himmel, und das bei Preisen von einheitlich nur 99 Cent/Liter im Regal. Interessantes brachte auch die anschließende Diskussion über die Impulsreferate der Podiumsteilnehmer: So wurde die Sorge vom ebenfalls anwesenden BBV-Milchpräsidenten Günther Felßner nach Diskriminierung der nicht mit einem DTB-Label versehenen Milch vorgetragen mit dem Hinweis, dass diese Milch doch alle gesetzlichen Vorgaben erfülle und von höchster Qualität sei. Widerspruch für die Forderung nach einem sofortigen Aus für die Anbindehaltung erntete auch DTB-Vorsitzender Thomas Schröder. VMB-Vorsitzender Wolfgang Scholz stellte hierbei auch die Situation der Betriebe mit Anbindehaltung in Bayern dar. Er berichtete von der besonderen Situation in vielen Fällen, dass Milchviehhalter sehr wohl bereit wären, in Verbesserungen im Bereich Tierwohl zu investieren. Dem stehen aber innerorts oft Hindernisse im Baurecht gegenüber. Es gibt häufig wegen Emissionen und auch dem Lärmschutz einfach keine Baugenehmigungen.

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