Menü

 

 

VMB(c)M. Kayser

Bio mit Brechstange und Mundwerk

Das Thema ökologische Landwirtschaft bestimmt derzeit Politik und Medien: Letzte Woche fand wieder die erfolgreiche Weltleitmesse für Biolebensmittel, die Biofach, auch mit einer großen Anzahl von bayerischen Molkereien in Nürnberg statt. Die Kooperation des Lebensmittelhandels mit Anbauverbänden (z.B. Lidl mit Bioland, Kaufland mit Demeter) sorgt für Gesprächsstoff.

Und dann gibt es noch das für die Initiatoren erfolgreich verlaufende Volksbegehren in Bayern. Dort war auch als eines der Ziele formuliert: Der ökologische Landbau ist schonender für die Artenvielfalt, weshalb dort das Ziel festgelegt wird, diesen stetig auszubauen, wobei bis zum Jahr 2025 mindestens 20 Prozent, bis 2030 mindestens 30 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen nach den Grundsätzen des ökologischen Landbaus bewirtschaftet werden sollen.

Soweit so gut. Landwirte erzeugen das, was der Verbraucher konsumiert - und auch entsprechend finanziell honoriert. Und da machen zwei Studien der jüngsten Vergangenheit doch wieder sehr nachdenklich, ob das Wollen und das finale Handeln auch tatsächlich zusammenpassen.

So wurde im Vorfeld der Biofach das Ökobarometer 2018 veröffentlicht, eine repräsentative Studie des Marktforschungsinstitutes infas im Auftrag des Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Mehr als 1000 Konsumenten wurden dabei telefonisch befragt. Demnach kaufen - der Befragung zufolge - 78 Prozent der Konsumenten in Deutschland Biolebensmittel! Die wichtigsten Gründe für den Einkauf von Biolebensmittel sind demnach mit 95 Prozent artgerechte Tierhaltung und mit 93 Prozent Regionalität. 89 Prozent der Befragten wollen zur geringeren Schadstoffbelastung und zum Umweltschutz beitragen, 86 Prozent explizit die Verbreitung des ökologischen Landbaus unterstützen.

Bei einer differenzierten Betrachtung wird das Ergebnis aber relativiert: Nur 3 Prozent der Befragten kaufen aktuell ausschließlich Bioprodukte und wollen dies auch zukünftig tun. Der Prozentsatz der häufigen Biokäufer soll sich von 25 Prozent auf 32 Prozent erhöhen, die gelegentlichen Käufer bleiben demnach mit etwa 50 Prozent auch zukünftig gleich. Milch- und Milchprodukte rangieren in der Beliebtheitsskala allerdings nur auf Rang vier, hinter den Eiern, Gemüse und Obst. Eingekauft wird der Studie zufolge von 91 der Befragten im Supermarkt und von bereits 70 Prozent beim Discounter. Diese Ergebnisse veranlassten Ministerin Klöckner in Nürnberg zu der (politischen) Aussage, bis zum Jahr 2030 den Anteil der Ökoanbaufläche auf 20 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche erhöhen zu wollen.

Und dann gab es noch eine interessante bundesweite Studie der bekannten, ausschließlich Biomilch sowie Ziegenmilch verarbeitenden Andechser Molkerei Scheitz. Nur jeder dritte Bundesbürger hält dieser Studie zufolge das Preis-Leistungsverhältnis bei Bioprodukten für angemessen. 60 Prozent der Bundesbürger wünschen sich günstigere Bioprodukte, im gewiss nicht armen Bayern waren das sogar 62 Prozent! Die Andechser Molkerei schließt aus diesen Ergebnissen, dass der Mehraufwand für Biobauern und Bioverarbeiter und auch der Mehrwert von Bioprodukten noch stärker herausgestellt und kommuniziert werden muss. Es sei noch erwähnt, dass für die Konsumenten von Bioprodukten artgerechte Tierhaltung, das Verbot von Gentechnik und auch von "Kunstdünger" entscheidende Kaufargumente sind.

Fassen wir zusammen: Die Nachfrage nach ökologischen Lebensmitteln ist weiter steigend. Die Branche kann jedes Jahr Zuwächse verzeichnen, der Umsatz in den vergangenen zehn Jahren hat sich fast verdoppelt. Erfreulich ist, und da gilt die Milch als gutes Beispiel, dass auch die Milcherzeuger von dieser Entwicklung profitieren. Trotz der überdurchschnittlichen Zuwächse bei der Erzeugung in den letzten Jahren konnten sich die Biomilchpreise auf einem stabil hohen Niveau halten. Doch während man im konventionellen Bereich gebetsmühlenartig predigt, "Angebot und Nachfrage in Einklang zu bringen", werden von politischer und auch ideologischer Seite natürlich gewachsene und wachsende Entwicklungen nochmals gepuscht. Die doch hohe Zahl von Konsumenten, denen Biolebensmittel zu teuer sind und der erst am Anfang stehende Einstieg des Lebensmitteleinzelhandels, vor allem auch des Discounts, sollten Warnung genug sein, das Rad jetzt nicht zu überdrehen. Soll heißen: Der Markt und hier die Nachfrage - und nicht die Politik oder unverbindliche Absichtserklärungen der Verbraucher sind das entscheidende Kriterium.

Geschäftsstelle München
Geschäftsstelle Schwaben